Alexander Mayer

Fürth 2005

 

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Wo lag die Furt?

Alexander Mayer

Eine Verkehrsgunst führte zur Gründung der Keimzelle unseres heutigen Fürths, lag sie doch am Zusammenfluss zweier Flüsse, vermutlich an der Kreuzung zweier Fernhandelswege und an der namensgebenden Furt.
Diese ursprüngliche Furt könnte  sich – wie bisher allgemein angenommen – im Bereich der Maxbrücke befunden haben, wobei es verwundert, dass die Trasse von dort zum Marktplatz und zur Gustavstraße – bis zum 18. Jahrhundert die Hauptverkehrsachse Fürths – doch relativ umständliche Kurven nahm.

Die Trasse

Ein Blick auf einen Stadtplan verrät, dass die vermutlich karolingische Martinskapelle genau auf der geraden Verlängerung von Gustavstraße und Angerstraße lag, letztere eine alte - wenngleich zeitweise verbaute - Trasse. Ein Zufall erscheint mir wenig wahrscheinlich. Der Schnittpunkt der Achse Gustavstraße- Angerstraße- Kapellenruh mit der Rednitz liegt im Bereich  der heutigen Bonhoeffer Brücke, wo sich früher auch eine kleine Insel im Fluss befand und deswegen gut die  Furt gewesen sein könnte.
Verlängert man nun diese mögliche Trasse weiter, so trifft man genau auf die Feldstraße. Auch das würde Sinn machen, denn - wie Radfahrer heute leidvoll bestätigen können - der Anstieg im Bereich der Hoch- oder Robert- Koch-Straße ist mühselig, für die mittelalterlichen Fuhrwerke  bei den damaligen Straßenverhältnissen vielleicht zu mühselig. Im Bereich der Feldstraße - eventuell ein alter, teilweise verschütteter Hohlweg - kommen Fahrzeuge deutlich einfacher auf die Hochfläche. Eine weitere Möglichkeit: Auf der Höhe der Heimgartenstraße lassen sich Reste eines größeren Altwassers ausmachen, auch der Prallhang und die Abbruchkante  z.B. am  Klinikum verraten, dass irgendwann die Rednitz nahe der heutigen Vacher Straße verlief. Wenn der Flusslauf und damit auch die  Furt vor tausend Jahren weiter westlich lagen, dann wären die Martinskapelle und der Siedlungskern um St. Michael ursprünglich nicht durch den Flusslauf getrennt gewesen, was aus heutiger Sicht verwundert.

Auf dem Kartenausschnitt aus den 1920er Jahren lässt sich noch deutlich die Insel im Bereich der heutigen Bonhoeffer-Brücke und das Altwasser in Höhe der Heimgartenstraße erkennen.

Bedeutung der Kapelle

Was könnte nun aber die Bedeutung der Martinskapelle gewesen sein? Für die Möglichkeit einer Kapelle des Königshofes spricht die Lage direkt am überaus wichtigen Anlegepunkt der Treidelkähne als Hauptverkehrsmittel im Güterverkehr jener Zeit, dagegen die Hochwassergefahr. Letztere schien aber damals nicht unbedingt ausschlaggebend zu sein, beispielsweise erweiterten die Franken das 455 n. Chr. eroberte Köln zum Rhein hin, weil eben verkehrstechnische Gründe gewichtiger waren wie gelegentliche Hochwasser. (vgl. Königshof und Kappellenruh - Keimzellen von Fürth?.) Eine isolierte Feldkirche war die Martinskapelle wohl kaum, denn zu ihr waren keine schweren Güter zu bringen, wozu die Treidelkähne gebraucht wurden. Allein stehend hätte man sie also aufgrund der Hochwassergefahr auf den umgebenden Hochflächen errichtet.
Eine weitere Möglichkeit wäre, dass sich unterhalb des Königshofes am heutigen Kirchenhof ein Anlegepunkt mit der Kapelle und einigen Gebäuden befand, wie es bei den bedeutenden Königshöfen Ingelheim am Rhein oder Grone (westlich Göttingen) der Fall war.

Standortfaktoren ausschlaggebend

Ab 862 n. Chr. veränderte sich jedoch die Wertigkeit der Standortfaktoren. Die katastrophalen Ungarneinfälle ließen  strategische Faktoren bedeutsamer werden. Wie entsprechende Pfeilfunde belegen, erstürmten die Ungarn nur wenige  Tagesmärsche entfernt eine Burg auf dem Hesselberg, unserem Fürth wird es nicht besser  ergangen sein, zumindest war es ernsthaft bedroht. Spätestens zu diesem Zeitpunkt wurde wohl der Talgrund aufgegeben und der Sporn aufgesucht, wo heute die Stadtkirche St. Michael steht.

Bedeutungsverlust nach Schenkung

Die strategische Lage war nicht gut genug. Heinrich II. schenkte Fürth im Jahre 1007 dem von ihm neugegründeten Domstift Bamberg, der Salierkönig Heinrich III. förderte Nürnberg als königliche Machtbasis und verlagerte um 1040 das Marktrecht samt Zoll- und Münzrecht von Fürth nach Nürnberg.
Der damals markant im Talkessel gelegene Nürnberger Burgberg war strategisch deutlich besser gelegen als der relativ schwach ausgeprägte Sporn von St. Michael, der noch dazu nach Osten und Süden wenig  Schutz bot. Heinrich II. hätte wohl kaum Fürth verschenkt, wäre Nürnberg nicht schon um 1000 n. Chr. das aus dieser Sicht wertvollere Königsgut gewesen. Fürth war für die große Politik entbehrlich geworden.
Wie Grabungen der Arbeitsgruppe Archäologie belegen, verkleinerte sich in der Folge dieses Bedeutungsverlustes die Siedlungsfläche von Fürth und damit wohl auch die Bevölkerungszahlen gegenüber der ottonischen  Zeit.
Gehörte Nürnberg zu Beginn der Neuzeit um 1500 zu den größten Städten Europas, so war Fürth auf die Bedeutung eines Landfleckens zurückgefallen. Erst vom 17. Jahrhundert an nahm Fürth einen gewaltigen Bedeutungsaufschwung, der Immigranten und dem Gewerbefleiß seiner Bewohner zu verdanken war.

Auf dem Kartenausschnitt ist der vermutete Verlauf geradlinig eingezeichnet, tatsächlich verlief der Weg wohl eher unregelmäßig durch die Flußebene.

Alexander Mayer